Bayern und die Sprachpolizei

«Sprache muss klar und verständlich sein.» Ein Satz, der auf den ersten Blick klar und verständlich klingt, doch was der bayerische Ministerpräsident Markus Söder damit erklären wollte, ist reichlich konfus. Immerhin spricht der Mann, der die Grünen gern als «Verbotspartei» bezeichnet, hier von einem Verbot neuer Ausdrucksformen: Die bayerische Regierung hat beschlossen, die Verwendung von Sonderzeichen wie Doppelpunkt oder Sternchen im Wortinnern, um Menschen ausserhalb der binären Geschlechterordnung zu repräsentieren, zu verbieten. Das Verbot betrifft die Behörden des Bundeslands, aber auch Schulen und Universitäten. Am Sonntag demonstrierten auf einem Platz in München 650 Personen gegen das Verbot.

Doch wozu das alles? Dazu äusserte sich Florian Herrmann, der Leiter der bayerischen Staatskanzlei. Der CSU-Politiker stellte die kühne Behauptung auf, das Sprachverbot diene dazu, «die Diskursräume in einer liberalen Gesellschaft offen zu halten». Denn eine «ideologisch geprägte Sprache» habe eine «exkludierende Wirkung». Wer also bestrebt ist, mehr Menschen sprachlich zu repräsentieren, soll diejenigen ausschliessen, die dies verhindern wollen? Herrmann führt hier geradezu idealtypisch vor, was die Slawistin Sylvia Sasse in ihrem Buch «Verkehrungen ins Gegenteil» als Diskursstrategie der Rechten analysiert: die Aneignung von progressivem Vokabular, aber mit verdrehter Bedeutung. Damit wird die Wahrheit lächerlich gemacht, auf die der Begriff ursprünglich verweist.

Das traditionell rechts regierte Bayern hat nun ein vergleichsweise strenges, aber längst nicht das erste Verbot gendersensibler Sprache in Deutschland. Nach Sachsen beschlossen auch die Bundesländer Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein solche Einschränkungen. In Hessen ist das Verbot erst im Koalitionsvertrag von SPD und CDU festgehalten.

Und wenn Beamt:innen trotzdem weiter so gendern, dass alle gemeint sind? Im «Spiegel» klärt der Verwaltungsrechtler Klaus-R. Luckow auf. Wiederholte Verstösse könnten eine Rüge oder Ermahnung zur Folge haben. Doch zuerst hätten die Beamt:innen bei der oder dem Vorgesetzten für ein Gespräch anzutreten, «um eine Sensibilisierung zur Einhaltung dieser Bestimmung zu erreichen», wie es in der überarbeiteten «Allgemeinen Geschäftsordnung» für die Behörden des Freistaats Bayern nun heisst: Umerziehung durch die Sprachpolizei.