Wahlen in Hessen und Bayern: Deutschland rast nach rechts

Nr. 41 –

Die Wahlen in Hessen und Bayern stärken Konservative, vor allem aber die AfD – sie treibt die bürgerlichen Parteien vor sich her.

Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Hessen und Bayern führen zu einer Verschiebung nach rechts: In Hessen konnte die CDU ihr Ergebnis überraschend stark verbessern, in Bayern musste die Schwesterpartei CSU unter Markus Söder zumindest keine Verschlechterung hinnehmen. Die stramm rechten Freien Wähler, mit denen die CSU in Bayern regiert, gewannen gut vier Prozent hinzu. Das ist bemerkenswert, weil ihr Spitzenkandidat Hubert Aiwanger wenige Wochen zuvor die «Flugblattaffäre» um ein antisemitisches Pamphlet zu überstehen hatte. Die Bayer:innen belohnten seine Relativierungen und Erinnerungslücken mit Stimmenzuwachs. Alles spricht dafür, dass Söders CSU die Koalition mit den Freien Wählern fortsetzen wird. Die stärkste Oppositionspartei im Landtag wird dann die AfD (14,6 Prozent) sein. Die drei Parteien der auf Bundesebene regierenden Ampelkoalition (Grüne, SPD und FDP) haben zusammen gerade einmal ein Viertel der Stimmen geholt; das ist selbst im traditionell konservativen Bayern eine Verschiebung.

Ähnlich sieht es in Hessen aus. Die Ampelparteien kamen auf 35 Prozent, die AfD fuhr 18,4 Prozent ein – ihr bestes Ergebnis in einem westdeutschen Bundesland bisher –, womit sie auch in Hessen Oppositionsführerin sein wird. Die Linkspartei, von Dauerquerelen um Sahra Wagenknecht geplagt, flog nach fünfzehn Jahren aus dem Landtag ihrer einstigen Westhochburg – und ist auf die Dauerbeschäftigung mit dem eigenen Überleben zurückgeworfen.

Dass die Rechte, besonders die in weiten Teilen faschistische AfD, so stark abschnitt, auch unter Erstwähler:innen, ist eine Tragödie, aber keine Überraschung. Den Sommer über kletterte sie in Umfragen von Hoch zu Hoch, in Thüringen, Brandenburg und Sachsen, wo 2024 gewählt wird, steht sie bei über 30 Prozent und wäre damit jeweils stärkste Partei. Unter dem Eindruck von Pandemie, Krieg gegen die Ukraine, Inflation und Klimakrise sind die gesellschaftlichen Barrieren nach rechts aussen eingebrochen. Das unterstreichen auch Befragungen zu autoritären Einstellungen, die jüngst einen dramatischen Anstieg rechtsextremer Überzeugungen offenlegten. Dass Deutschland bei den Zustimmungswerten zu Rechtsaussenparteien zu anderen europäischen Ländern aufschliesst, liegt auch daran, dass mit der Linkspartei die einzige wirklich antifaschistische Kraft zerfällt.

Die etablierten Parteien haben ihren Teil zum Erfolg der AfD beigetragen. Alle ausser der Linkspartei versuchten zuletzt, sich mit migrationsfeindlichen Äusserungen zu überbieten – teils, wie der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, mit Parolen, die vor einigen Jahren noch als Nazijargon gegolten hätten. Dass das Nachbeten rechter Forderungen vor allem dem Original nützt, ist aus der Wahlforschung bekannt. Das hielt Politiker:innen von CDU, SPD und FDP nicht ab, noch am Wahlabend weitere migrationspolitische Verschärfungen zu fordern. Wird es den Höhenflug der Rechten bremsen? Natürlich nicht.