Literatur: Auch Eva hat die Nase voll

Nr. 13 –

Buchcover von «Malus»
Simone Hirth: «Malus». Roman. Verlag Kremayr & Scheriau. Wien 2023. 176 Seiten. 35 Franken.

Sehr viele kulturelle Erzählungen, die in einer Gesellschaft weitergegeben werden, dienen dem Patriarchat: Sie imaginieren Frauen als schuldig, böse oder moralisch defizitär und legitimieren damit auf perfide Weise patriarchale Gewalt. Entlastet werden dabei letztlich die Täter und ein ganzes System, das diese nicht nur stützt, sondern auch anstiftet.

Die in Österreich lebende deutsche Autorin Simone Hirth nimmt sich in ihrem Roman «Malus» einer der zentralen biblischen Geschichten an, wenn es um Abwertung von Frauen und den blanken Frauenhass geht: Adam und Eva. Eva – bekannt dafür, dass sie an nichts Geringerem die Schuld trägt als am Übel der gesamten Menschheit – landet bei Hirth nach der Vertreibung aus dem Paradies und ihrer Trennung von Adam im Wiener Stadtbezirk Meidling. Da, in der öffentlichen Bücherei, trifft sie auf eine Schwester im Geiste: Maria Magdalena hat sich Jesus schon lange vom Hals geschafft und hilft Eva, ihren neuen, ganz gewöhnlichen Alltag zu organisieren. Die Scheidungspapiere müssen her – und eine Lösung für Evas ungewollte Schwangerschaft von Adam. «Evas Haar ist zerzaust, als sie die Rolltreppe zur Bücherei hinauffährt. Seht ihr sie? Sie ist mitten unter uns. Sie könnte jede andere Frau von heute sein.»

Dass die biblische Figur Eva seit Jahrhunderten instrumentalisiert wird, um die Unterordnung der Frau unter den Mann als begründet erscheinen zu lassen, entlarvt Hirth als platte Patriarchatspropaganda: In «Malus» ist Adam ein besitzergreifender Gewalttäter, der nicht akzeptieren will, dass Eva ihn verlässt. Unterstützt wird er in seinem Stalking von Gott selbst.

Hirths Roman überzeugt als satirische, kluge und wütende Umschreibung dieser dominierenden frauenfeindlichen Kulturerzählung, die die Gegenwart noch immer prägt. Hirths Entscheidung, für Evas Geschichte keinen ermächtigenden Ausgang zu finden, ist niederschmetternd. Letztlich gemahnt sie damit an die traurige Realität.