Rap: Melancholischer Clown

Nr. 13 –

Albumcover «World Wide Whack» von Tierra Whack
Tierra Whack: «World Wide Whack». Interscope Records. 2024. 

Aufmüpfige Kartoffeln gabs da schon, die dann doch zu Püree geschlagen werden, Schönheitsärzt:innen mit sadistischen Ideen, Legowelten als Liebeserklärung: in den Videos von Tierra Whack, die zu ihren Songs ebenso gehören wie die scharfen Rhymes und das weiche, aber präzise Gemurmel. Das erste Mixtape der Rapperin aus Philadelphia, «Whack World» (2018), enthielt fünfzehn Tracks von je genau einer Minute – zusammen ergab das auch einen fünfzehnminütigen Film, in dem sich Whack durch fünfzehn Versionen von sich selbst spielt, theatralisch überzeichnet und sehr witzig.

Die neuste Version von Tierra Whack nun ist ein Verschnitt aus verrückter Modedesignerin und vielleicht einem Verwandten von Willy Wonka, verschmolzen zu einem melancholischen Clown. Im Video zu «27 Club» tanzen bunte, zum Feiern aufgelegte Figuren in Zeitlupe, der Clown Whack hält sich lachende Gesichter vor das eigene und singt von Suizid. Bodenlos traurig ist dieser Track, der das gerade erschienene Debütstudioalbum «World Wide Whack» abschliesst.

In Whacks Welt hat sich eine Schwere eingeschlichen, auch in anderen Tracks wie dem codeinverschwommenen «Numb» oder im betrübt taumelnden «Imaginary Friends» – aber nicht völlige Hoffnungslosigkeit: Sie ist nun 28, also zum Glück kein Mitglied des Klubs der früh verstorbenen Promis geworden, und packt in dieses Album eine ganze Reihe Stimmungen. «Mood Swings» heisst der Auftakt; neben «27 Club» ist vorab etwa auch «Shower Song» erschienen, ganz in der Tradition von Whacks sorgsam gepflegter Albernheit (es geht ums Singen unter der Dusche und wie toll das immer klingt). Und «Chanel Pit» dreht sich hauptsächlich um den Moment, in dem man sich fragt, wer denn hier so gut riecht. Und merken muss: Ach so, das bin ja ich!

«World Wide Whack» ist als Ganzes weniger aussergewöhnlich als das Gesamtkunstwerk «Whack World». Trotzdem zeigt die Rapperin, was sie kann: nämlich alles Mögliche. Und ist dabei inhaltlich und emotional vielschichtiger als zuvor, mit all den Mood Swings. Leben halt.