Energiepolitik: SVP für AKW – so oder so

Nr. 13 –

Seit fünfzehn Monaten ist er Bundesrat, und längst ist klar: Kaum je gab es in der SVP einen klügeren Strategen als Albert Rösti. Nun steht er in offenem Konflikt mit seiner Partei: Die SVP hat am Samstag die Nein-Parole zum Energie-Mantelerlass beschlossen, der im Juni an die Urne kommt. SVP-Bundesrat gegen SVP, das gibt es ja nicht selten, doch anders als seine Vorgänger wirkt Rösti dabei völlig souverän. Als wäre er der Partei ein paar Schritte voraus – aber in ihrem Interesse.

2021 nahm Rösti als Präsident des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbands am «Runden Tisch Wasserkraft» teil, der fünfzehn Wasserkraftprojekte priorisierte. Auch zwei Umweltverbände, Pro Natura und WWF, waren dabei. Heraus kam eine Absichtserklärung, kein Bewilligungsverfahren. Doch das interessiert niemanden mehr. Das Parlament schrieb alle Projekte (plus ein weiteres) in den Mantelerlass. Rösti verweist gern auf den runden Tisch, um die Umweltverbände unter Druck zu setzen: Wer noch Kritik an den Wasserkraftprojekten äussere, sei für ihn wortbrüchig. Sein Kalkül: den Mantelerlass durchbringen – und falls es doch Verzögerungen gibt, den Umweltverbänden die Schuld geben und den AKW-Turbo zünden. Das ist eleganter als die Scherbenhaufenstrategie von Magdalena Martullo-Blocher: auf Strommangel setzen und gleich neue AKWs fordern. Atomkraft wollen beide.

Der Konflikt zeigt, dass der alte Graben zwischen der Zürcher und der Berner SVP noch nicht ganz zugeschüttet ist. Bei den Berner:innen sind noch Reste eines staatstragenden Politikverständnisses auszumachen – Röstis Statement an der SVP-Delegiertenversammlung war ein Werbespot für einen nationalistisch verbrämten Energie-Service-public. Doch Marcel Dettling, Martullo-Blocher und Co. interessiert das nicht – wie Donald Trump sind sie aus rein ideologischen Gründen gegen Solar- und Windkraft, die der Mantelerlass fördern will. Turbulenzen bei der Stromversorgung nehmen sie bewusst in Kauf. Wohl mit dem Kalkül, dass sich die Wut, zu der solche Turbulenzen führen könnten, auch wieder bewirtschaften lässt.