Diesseits von Gut und Böse: Andreas und Anita

Nr. 13 –

In Zürich kann ich jetzt dem Andreas werktags bis spät abends ein Päckchen vorbeibringen, er steht dann persönlich in der Schalterhalle und wartet auf mich. Und in Lenzburg gehen die Leute neuerdings zu Anita; die wartet aber nicht ganz so lang wie der Andreas, denn die Papeterie, in der sie ihre Kunden empfängt, schliesst schon um halb sieben.

Denken Sie jetzt bitte nicht, ich hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank! Die fehlen nämlich nicht bei mir, sondern in der Kreativabteilung der Werbeagentur Jung von Matt und beim Management der Post, das das neue Konzept «Meine Post» abgesegnet hat. Statt mit «POST» ist die Zürcher Sihlpost jetzt mit «ANDREAS» angeschrieben, und eine Postagentur in Lenzburg heisst «ANITA». «Volksnah und persönlich» will die Kampagne sein, die mit dem Slogan «Näher am Leben» wirbt. Das klingt ein bisschen nach Sekte, finde ich. Und der Versuch der Marketingabteilung, mit einem Vornamen überm Eingang den verbreiteten Unmut über Poststellenschliessungen zu besänftigen, scheint mir geradezu bizarr.

Ich habe übrigens Verständnis dafür, dass man Poststellen, in denen der oder die Angestellte halbe Tage allein verbringt, an Orte verlagert, wo sowieso Personal ist. Aber solange die Kampagne «Meine Post» dauert, werde ich alle Poststellen meiden. Ausser sie schreiben eine mit «KARIN» an.