Sachbuch: Agent Orange tötet noch immer

Nr. 13 –

Buchcover von «Krieg ohne Ende. Chemiewaffen im Vietnamkrieg»
Peter Jaeggi: «Krieg ohne Ende. Chemiewaffen im Vietnamkrieg». Erweiterte und aktualisierte Neuausgabe. Lenos Verlag. Basel 2024. 408 Seiten. 32 Franken.

Bis heute bestreiten die USA, dass sie sich mit dem tonnenweisen Versprühen des Entlaubungsmittels Agent Orange über Vietnam und Laos der chemischen Kriegsführung schuldig machten. Über fünfzig Jahre ist das jetzt her. Und noch immer leidet die vietnamesische Zivilbevölkerung unter den Folgen – teilweise in der vierten Generation: Kinder werden mit Fehlbildungen oder Immunschwächen geboren, überdurchschnittlich viele Menschen erkranken an Krebs. Zurückzuführen ist das auf das hochgiftige TCD-Dioxin in Agent Orange. Es hat eine Halbwertszeit von fünfzig bis hundert Jahren, baut sich also extrem langsam ab, insbesondere im Wasser. Auch in Waldböden ist die Konzentration von TCD-Dioxin nach wie vor hoch, die Dekontamination schwierig.

All dies dokumentiert Peter Jäggi in der stark erweiterten Neuauflage von «Krieg ohne Ende» von 2016. Das umfangreiche Buch ist schon fast eine Enzyklopädie: vom Vietnamkrieg und seinen Verheerungen natürlich, von Herbiziden als Chemiewaffen, auch in nichtkriegerischen Zusammenhängen, und ihren Herstellern. Im Fokus indes stehen die Betroffenen; ihre Perspektive wird in Gesprächen, Porträts und Reportagen eingefangen. Und in den Farbfotografien von Roland Schmid, die ähnlich unter die Haut gehen wie die historischen Schwarzweissaufnahmen des deutschen Kriegsberichterstatters und mehrfachen Pulitzer-Preisträgers Horst Faas. Neu hinzugekommen ist zum Beispiel die Geschichte von Trân Tô Nga (siehe WOZ Nr. 43/21), die gegen einen der Agent-Orange-Hersteller vor Gericht zog. Oder jene des US-Kriegsveteranen George Mizo, der nahe Hanoi ein Dorf für Agent-Orange-Opfer aufbaute und selbst an den Folgen des Giftes starb.

Besonders augenfällig in diesem Krieg ohne Ende, der nicht zuletzt auch ein juristischer ist: die amerikanische Doppelmoral. Veteranen der US-Armee, die in Vietnam kämpften und an Spätfolgen von Agent Orange leiden, erhalten von der US-Regierung eine Entschädigung. Menschen aus Vietnam hingegen erkennt dieselbe Regierung bis heute nicht als Opfer desselben Giftes an.