Wahlen in Argentinien: Ein Rückschlag für den Schreihals

Nr. 43 –

Viele Kommentator:innen hatten ihn schon in der Casa Rosada gesehen, dem Präsidentenpalast in Buenos Aires: Javier Milei, den extrem neoliberalen und frauenfeindlichen Schreihals mit der Kettensäge und den fünf geklonten Mastinohunden. Er hatte die Vorwahl vom 13. August klar gewonnen, sein stärkster Gegner, der Peronist Sergio Massa, sah ziemlich schwach aus. Massa ist Wirtschaftsminister der derzeitigen Mitte-Links-Regierung. Eine Inflation von über hundert Prozent und eine Armutsquote von um die vierzig Prozent sind alles andere als eine Wahlempfehlung. Trotzdem bekam Massa beim ersten Wahlgang am Sonntag mehr als 36 Prozent der Stimmen, während Milei bei den 30 Prozent der Vorwahl stecken blieb. Für ihn wohl eine herbe Enttäuschung.

Vielleicht hat sich der eine und die andere vor der Stimmabgabe daran erinnert, dass der derzeitige Schlamassel Argentiniens nicht oder nicht nur den Peronist:innen angelastet werden kann. Nach dem Staatsbankrott von 2001 hatten die Linksperonist:innen Nestor Kirchner (2003–2007) und Cristina Fernández (2007–2015) die erdrückende Schuldenlast des Staates viel schneller abgebaut, als ihnen das internationale Finanzinstitute zugetraut hatten. Und sie haben dabei die Armutsquote von über fünfzig auf unter dreissig Prozent gesenkt. Dann aber hat der neoliberale Mauricio Macri (2015–2019) wieder einen enormen Schuldenberg angehäuft, der unter seinem peronistischen Nachfolger Alberto Fernández in der Covid-Krise noch anwuchs und zum jetzigen Wirtschaftschaos geführt hat.

Mileis Rezepte dagegen – Abschaffung der Zentralbank, Dollarisierung, und wer arm ist, soll seine Organe verkaufen – sind da nicht eben vertrauenerweckend. Sie verfangen vor allem bei jüngeren, eher ungebildeten männlichen Wählern. Das sind die dreissig Prozent. Der selbsternannte Anarchokapitalist scheint sein Stimmenpotenzial in der Vorwahl ausgeschöpft zu haben. Bleibt zu hoffen, dass er auch in der Stichwahl am 19. November auf die anderen siebzig Prozent der Stimmbevölkerung abschreckend wirkt.