Malaysia: «Ein juristischer Zombie»

Nr. 15 –

Fünfzehn Stunden dauerte die Debatte in Malaysias Parlament. Dann verabschiedeten die Abgeordneten in der Nacht auf Dienstag ein neues Antiterrorgesetz. Es soll die Inhaftierung Verdächtiger ermöglichen – ohne formelle Anklage oder Prozess. Gemäss der Regierung soll die Verordnung dazu dienen, effektiver gegen mutmassliche TerroristInnen vorgehen zu können. Die Behörden im mehrheitlich muslimischen Land fürchten eine zunehmende Radikalisierung: Die Polizei nahm zuletzt Dutzende mutmasslicher SympathisantInnen der Terrormiliz Islamischer Staat fest.

Unter Oppositionellen und Menschenrechtsgruppen hat die Verordnung scharfe Kritik ausgelöst. Sie befürchten, dass nun unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung Verdächtige ohne Anklage auf unbestimmte Zeit weggesperrt werden können. «Das Gesetz ist ein schwerer Schlag für die Demokratie», zitierte die Agentur AFP den Anwalt und Oppositionspolitiker N. Surendran. Und die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) schrieb in einer Mitteilung von einem «riesigen Rückschritt für die Menschenrechte».

2012 hatte die Regierung nach heftigem Protest ein ähnliches Gesetz aufgehoben. Das aus der Kolonialzeit stammende sogenannte Interne Sicherheitsgesetz (ISA) war verabschiedet worden, um kommunistische Aufständische zu bekämpfen. Die seit 1957 regierende Nationale Front nutzte die Verordnung jedoch jahrzehntelang vor allem dazu, gegen oppositionelle Politikerinnen und kritische Journalisten vorzugehen. Das neue Antiterrorgesetz ist laut HRW-Asien-Vertreter Phil Robertson «ein juristischer Zombie, auferstanden aus dem Grab des ISA».

Kritik ist allerdings schon vorher unterdrückt worden – vor allem seit die Nationale Front bei den Wahlen 2013 Wähleranteile verlor. Das bekam auch Oppositionsführer Anwar Ibrahim zu spüren: Er wurde im Februar nach einem umstrittenen Prozess wegen homosexueller Handlungen zu fünf Jahren Haft verurteilt. Die politische Karriere von Ibrahim, dessen Bündnis die letzten Wahlen nur knapp verloren hatte, dürfte mit dem Urteil zu Ende sein.