Schweizer Geheimdienst: Stellenexplosion ohne Widerhall

Nr. 28 –

Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) hat gerade einen unheimlichen Lauf. Ende letzter Woche machte die NZZ publik, dass er personell stark aufgerüstet wird. Die operationelle Aufrüstung ist schon länger vollzogen: Das neue Nachrichtendienstgesetz, das seit zwei Jahren in Kraft ist, erlaubt es dem Geheimdienst, Telefone abzuhören, E-Mails mitzulesen, Wohnungen zu verwanzen und mithilfe von Trojanern in fremde Computer einzudringen. Mit der Kabelaufklärung, der systematischen Durchsuchung sämtlicher Internetkommunikation, die über das Ausland geht, steht dem NDB gar ein Instrument der Massenüberwachung zur Verfügung.

Die Aufrüstung ist geschickt begleitet worden: Mantraartig beklagten sich hohe Geheimdienstbeamte in den letzten Jahren öffentlich über fehlende Ressourcen angesichts der islamistischen Terrorgefahr. Und nach dem eher blassen Verwalter Markus Seiler steht dem Geheimdienst seit April 2018 ein forscher Militärkopf vor: Jean-Philippe Gaudin ist fest entschlossen, den NDB noch schlagkräftiger zu machen.

Gaudins Wunsch steht nichts mehr im Weg. Wie der Bundesrat letzte Woche per Grundsatzentscheid beschloss, soll der Personalbestand in den nächsten fünf Jahren massiv erhöht werden – allein beim NDB von 314 auf 414 Stellen. Hinzu kommt eine ebenso massive Erhöhung bei den Nachrichtendiensten der Kantone. Diese erhalten vom NDB bisher jährlich 12,4 Millionen Franken, was 124 Vollzeitstellen entspricht. Nun sollen zusätzlich jedes Jahr 5,6 Millionen Franken hinzukommen.

Der Geheimdienst wird 2025 annähernd doppelt so gross sein wie 2015, und er verfügt bereits heute über viel mehr Kompetenzen – er ist geradezu entfesselt. Die Medien stehen applaudierend Spalier. Statt zu fragen, was die Stellenexplosion – gerade auch auf kantonaler Ebene – rechtfertigt und ob sich an der Bedrohungslage etwas geändert hat, heftete sich der «Tages-Anzeiger» am letzten Wochenende an die Fersen eines russischen Eliteagenten und spielte selbst Geheimdienst.