Vaterschaftsurlaub: Über Macht statt über Geld reden

Nr. 25 –

Just bevor der Ständerat am Erscheinungstag dieser WOZ über den Vaterschaftsurlaub debattiert, machte letzte Woche eine Unicef-Studie das Ausmass der Schweizer Rückständigkeit deutlich: Das Land landete bei einem internationalen Vergleich zur Familienfreundlichkeit auf dem letzten Platz der europäischen Länder. Unicef verglich etwa den Anspruch auf bezahlte Abwesenheit für Mütter und Väter sowie die Quote von fremdbetreuten Kindern. Chancen hat im Ständerat dennoch höchstens der Gegenvorschlag der Sozialkommission, die zwei statt vier Wochen Vaterschaftsurlaub vorschlägt. Der Bundesrat übrigens lehnt sogar das ab.

Die immer gleichen Argumente gegen den Vaterschaftsurlaub sind unglaubwürdig: Er sei radikal, wirtschaftsfeindlich, zu teuer. Längst weisen Fachleute darauf hin, dass Vaterschaftsurlaub – oder noch besser: Elternzeit – die Erwerbstätigkeit von Frauen erhöhe, was wiederum der Wirtschaft diene. So schreibt die Eidgenössische Kommission für Familienfragen, die dem Bund 38 Wochen Elternzeit empfiehlt: «Eine mehrmonatige Elternzeit würde zu mehr Arbeitskräften und mehr Steuereinnahmen führen, und schon die Erhöhung der Erwerbsquote der Frauen um ein Prozent würde die Kosten der Elternzeit decken.»

Statt über die Kosten sollte das Land über das zutiefst patriarchale Rollenbild reden, das noch immer die Familienpolitik prägt, eine Familienpolitik, die sich weiterhin am Ernährermodell orientiert und Frauen höchstens eine nette kleine Teilzeitstelle zudenkt. So sind in der Schweiz über 57 Prozent der Mütter von Kindern unter drei Jahren nicht oder weniger als halbtags erwerbstätig. Bei den Vätern sind über 81 Prozent voll erwerbstätig. Die fehlende Elternzeit ist nur einer der Diskriminierungshebel, der Frauen hierzulande gleichberechtigte Karrierechancen verwehrt. Die Schweiz landet auch bei anderen Erhebungen hinten: etwa wenn es um den Umgang mit weiblichen Angestellten oder den geschlechtsspezifischen Lohnunterschied geht. Wenn also die bürgerliche Politik über das Geld spricht, will sie eines verhindern: dass Frauen die Machtfrage stellen.